BÖSE FRAUEN: Mutiges Proben-FINALISSIMA! Oder nicht aller Text währt Ewigkeit

Konzeption, Präzession, Haltungsspiel. Ed. Hauswirth (Regie) steuert das rabiat-brachial-feministische Kollektiv durch das Labyrinth fragmentarischer Opfer-Täterinnen-Wechselspielmosaike. Die Richtung stimmt, das Ende fehlt – noch. Aber Zeit ist relativ, das Kollektiv entspannt. Und mit dem Schlussakkord sterben wir alle.

Eine finale inhaltliche Klärung verlangt nach weniger Subtext (Ed.), der Stoff ist subtil genug. Die Rabtaldirndln treffen auf die Lainzer Mordschwestern, der Tod wird verhandelt als die unausweichliche Nonvalenz des Lebens.  Wie der Wille über den eigenen Abgang formulierbar ist und das Bestreben eines respektablen Dahinsiechens durch die lüsternen Anderen boykottiert wird, das alles erfährt in der neuen DIE RABTALDIRNDLN Performance eine aufwühlende Gefühlsdurchpflügung.

In der finalen Phase der Proben, etwa zwei Wochen vor der Premiere in Wien (12.12.2018), wird Text geklärt, Raum bearbeitet, Inhalt geopfert, Ton gesucht. Das fordert Mut und erzeugt ein Fünkchen Widerstand: „Bitte nicht umdichten“ (Barbara Carli). Dieser Zeitpunkt offenbart die Besonderheit theatraler Diagenese. Zusammen werden organische Hinweise aufgeschichtet oder abgetragen. „Es ist alles mit Worten gesagt und nichts gespielt.“ Ed. Bringt es auf den Siedepunkt.

Sieht es zunächst nach Chaos aus, entpuppt es sich an mancher Stelle auf den zweiten Blick auch als ein solches. Aber tatsächlich ist der Zustand in diesem Status des Arbeitsprozesses an Genialität kaum zu überbieten. Georg Klüver-Pfandtner hat mit seiner Ausstattung den bestmöglichen antikontrastierend-visuellen Anstrich gefunden. Babsi, Rosi und Gudrun ganz und gar in Grau, eine farblich abgestimmte Séance. Die Performance rückverbindet sich über die Kostüme mit den Performerinnen. Und für das innere Gefühl ist Improvisation immer noch willkommen, wenn es denn hoch kommt.

Die BÖSEN FRAUEN werden beackert. Innerlich und äußerlich, gnadenlos. Zusammen kommt, was zusammen gehören könnte – aber nicht muss. Denn auch das ist von Bedeutung: das Verworfene, das Ausgeschlossene, das Eliminierte, das Eruptierte. Werden Entscheidungen über Konsens oder Kompromiss getroffen? Das wiederum ist nicht wesentlich. Jedenfalls sind sie (die Entscheidungen, die Dirndln und Ed.) oft dennoch gänzlich konsequent und dabei unromantisch praktisch. Passt zum Stück. Ein femi-kollektives Masterpiece über das facettenreiche Grau des Unausweichlichen.

Karin Scaria-Braunstein

 

Hinweis:

https://dierabtaldirndln.wordpress.com/

BÖSE FRAUEN ab 23.Jänner 2019 im Kristallwerk Graz